21. Oktober 2013

Muktinath – Kalopani

44 km 600 hm

Heute verlassen wir das Bob Marley Hotel in Muktinath, die erste Unterkunft, die uns seit ungefähr eine Woche ein wenig Erholung und Wärme geschenkt hat. Ohne zu frieren und mit guter Laune fahren wir auf einem Single-Trail wieder bisschen bergauf. So bekommen wir einen weiten Ausblick auf riesige, verschneite Bergeketten, die uns umringen. Die Sicht ist grandios, das erste Mal wieder im Sonnenschein, keine einzige Wolke trügt das Bild. Das alles lässt unser gestriges Erlebnis noch unwirklicher erscheinen. Wir können es kaum mehr glauben. Wie gut, dass wir Beweisfotos von der Passüberquerung gemacht haben!

Heute führt uns der Trail weiter auf einen Bergkamm – unsere Augen werden immer größer, voll auf Weitwinkel eingestellt. Die Landschaft hier scheint das schönste und gewaltigste was wir bis jetzt gesehen haben. Wir können uns um unsere eigene Achse drehen, 360°, nur Landschaft.

Bald geht es zügig in schönen Serpentinen runter. Spitzkehren, das meiste irgendwie fahrbar, nur kleine Abschnitte sind zu steil oder zu ausgesetzt an einer Felskante. Das ganze gepaart mit losen Untergrund, dann müssen wir wieder tragen oder schieben; es wird sogar ein wenig anstrengt, aber nach den letzten Tagen eine leichte Aufgabe. Wenigstens Sauerstoff gibt es hier in etwas größeren Mengen. Schließlich erreichen wir ein breites Flussbett. Am Anfang noch einigermaßen fahrbar, das ändert sich allerdings schnell. In den nächsten Stunden kommen wir nur noch schiebend voran. Ein Fahren ist kaum möglich. Zu viele Steine versperren uns den Weg. Eine alternative Route bietet sich uns auch nicht an: Links und rechts werden wir von steilen Felswänden im Flussbett gehalten. Nach langer Zeit erreichen wir ein zweites Flussbett – den „Kali Gandhaki“. Als wäre es nicht genug kommt noch ein verdammt starker Wind dazu, selbstverständlich von vorne. Nach 3,5 Stunden und 16 mühsamen Kilometern erreichen wir Jomsom.

Jomsom ist ein kleiner Ort, der für viele Wanderer das Ende der Annapurna-Umrundung bedeutet. Von hier kann man per Jeep oder gar per Flugzeug abreisen. Wir wollen aber weiter. Nach einer schnellen Portion Chowmien fahren wir fort, wieder mit brutalem Gegenwind. Dafür ist die Strecke ab jetzt komplett fahrbar und endlich kommen wir auf dieser Jeeppiste einigermaßen gut voran.
Nach einer Weile kommt uns sogar wieder ein Radreisender entgegen. Weil sich schon langsam die Dunkelheit ankündigt, haben wir es recht eilig weiterzufahren. Nach einem kurzen Smalltalk verabschieden wir uns, und der biker aus China macht sich weiter auf den Weg Richtung Thorong La.

Wir machen Strecke – ein ungewohntes Gefühl nach den letzten Etappen, die selten über 15 Kilometer lang waren. Und dann passiert es: Wir haben den ersten Platten! Und das auf einer Strecke, die eher an eine Straße erinnert als an einen Wanderweg! Wir wundern uns schon ein wenig darüber, vor allem wenn wir überlegen, was wir unseren Rädern in den letzten Tagen zugemutet haben …

Der Schlauch ist schnell gewechselt und ein paar Minuten später radeln wir mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Bald finden wir uns in einer gut riechenden Alpen-Landschaft wieder. Das erinnert uns doch sehr stark an die Tage vor dem Pass. Das fahren macht Spaß und der Wind lässt nach, das Tageslicht leider auch … Mal wieder im Dunkeln beenden wir diese strapaziöse Etappe und erreichen Kalopani. Viel sehen wir nicht, dazu ist es zu dunkel, trotzdem hat dieser Ort die Überraschung des Tages für uns parat: Ein Luxushotel mit gekacheltem Bad und heißer Dusche, Teppich auf dem Boden und es ist warm! Wahnsinn. Nach dem wir uns „entkernt“ haben bekommen wir noch eine Traummahlzeit; um 20 Uhr und gefühlten 50 Tonnen inneren Frieden schließen wir glücklich die Augen.

Mehr Fotos in diesem Set auf Flickr.